Anlocken von Ereignissen

[…] Da immer erst retrospektiv gewusst oder vielmehr erahnt werden kann, dass ‚da und da‘, an diesem Ort, zu diesem Zeitpunkt etwas angefangen hat, macht es dann überhaupt Sinn, das Anfangen künstlerisch gestalten zu wollen? […] Ist es nicht eher so, dass sich ein Anfang als Provokation der Wirklichkeit, als Ereignis, als Widerfahrnis einstellt? Was mich trifft, provoziert und transformiert, tut das in der Regel ganz unabhängig von einer Instanz der Intentionalität. Im Extremfall weiß der agent provocateur – etwa in der Liebe, aber auch in der Kunst – nicht, dass seine schiere Existenz mein Leben grade umkrempelt. Vielleicht lässt sich die Herstellung eines Kunstwerks weniger als das planvolle Herstellen einer Provokation begreifen denn als eine Praxis des Anlockens eines Ereignisses. […]

 

Kommentar:

Blumen locken Bienen an, Bienen befruchten wiederum andere Blumen, schaffen dadurch neues Leben, produzieren Honig für ihre Nachkommenschaft, erhalten Leben, … ohne Bewusstsein für ihr tun, sie sind einfach, ohne Plan, ohne Wollen ohne bewusstes Anfangen, weil kein Gedanke an Vergangenheit oder Zukunft von der Präsenz des Moments ablenkt.

Blumen locken auch Menschen an, die fasziniert von der Schönheit und ihrem lieblichen Duft die Blume pflücken, um sie später (Zukunft) ihrer Geliebten zu überreichen, weil sie denken, dass es gut wäre sich für den gestrigen Streit (Vergangenheit) zu entschuldigen.

Der Verstand ist ein Segen, wenn er nur eingesetzt wird, wenn er tatsächlich gebraucht wird. Wenn er sich ver-Selbst-ständigt, treibt er gar seltsame Blüten: Selbst-Verachtung (Schuldzuweisung), Bewertung, …

Der selbe Moment ohne Gedanken an Vergangenheit und Zukunft genießt den Duft hingebungsvoller Präsenz an den Augenblick in voller Dankbarkeit an die Schöpfung und strahlt ebendies aus. Ohne Veränderung fließt die Schönheit des Ganzen durch den Körper und leuchtet durch ihn hindurch.

Ein Anfang ist immer und überall vorhanden, ihm wird nur keine Aufmerksamkeit zu Teil, weil der Verstand davon ablenkt…

Frei nach Herman Hesses „Stufen“ „… und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben…“ gilt es den Zauber wirken zu lassen 😊

 

 

Das Zitat stammt aus dem Buch „Dramaturgien des Anfangens“ von Adam Czirak / Gerko Egert (Hrsg.) und ist im Neofelis Verlag erschienen und kann hier bestellt werden.

Der zitierte Text stammt von Karin Harrasser

 

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