Wut – ein Zeichen von Charakterschwäche oder spiritueller Unreife?

Friederich der Wüterich

Nach der Meditation heute Morgen zeigten sich zwei Ideen für Blog-Beiträge, einen über Humor und der andere über Programmierungen. Diese beiden sind jetzt auf die lange Bank geschoben, weil sich – nach dem Telefonat mit meiner zukünftigen Ex-Frau ein anderes Thema in den Vordergrund gedrängt hat: die Wut. So folge ich nun diesem Impuls (und der expliziten Aufforderung meiner Noch-Ehefrau) etwas über meine Wut zu schreiben.

Was ist Wut?

Laut Wikipedia ist Wut eine sehr heftige Emotion und häufig eine impulsive und aggressive Reaktion (Affekt), die durch eine als unangenehm empfundene Situation oder Bemerkung, z. B. eine Kränkung, ausgelöst worden ist. Wut ist heftiger als der Ärger und schwerer zu beherrschen als der Zorn

… Unter Wutanfall versteht man einen meist kurzzeitigen partiellen oder völligen Verlust der Kontrolle…

…Der Wutanfall wird auch als Überreaktion bezeichnet und gilt deshalb in den meisten Kulturen als Charakterschwäche. Analog gilt es oft als Charakterstärke, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, sondern die Contenance zu wahren bzw. kühl zu bleiben…

https://de.wikipedia.org/wiki/Wut

Einen ebensolchen Wutanfall hatte ich – der Wüterich (Zitat aus dem Struwelpeter: „Der Friederich, der Friederich, Das war ein arger Wüterich!…“) – eben während des Telefonats in dem es um die Aufteilung des Vermögens bei der Scheidung ging. Ich habe also die Kontrolle verloren und habe mich meiner Charakterschwäche voll und ganz hingegeben. So ist es.

Ich habe sie angeschrien und all die Dinge gesagt, die ich lange unterdrückt habe. Sie sind einfach aus mir heraus explodiert. Sätze wie „Nachdem Du das Haus, das … Euro wert ist, bekommst streiten wir uns jetzt um ein paar hundert Euro? Ich habe das Gefühl, dass Du jetzt hier den Hals nicht voll genug bekommst und ich wünsche Dir, dass Du an den paar Hundertern erstickst!“

Worte voller Wut und Hass, die aus mir herauswollten. Derer ich mich ent-ledig-en wollte. Diesmal habe ich es einfach so sein lassen. Ich bin nicht dem gelernten Glaubenssatz der „Charakterschwäche“ gefolgt und habe noch nicht einmal auf die Contenance geschi..en, da mir in dem Moment gar nicht bewusst war, dass es so etwas überhaupt gibt. Ich habe mich einfach dem – was ich in dem Moment gefühlt habe – Ausdruck verliehen. Habe es formuliert, habe ihm eine Form gegeben. Ich habe meinen Gefühlen freien Lauf gelassen. Das, was bei Kindern im Alter von ein bis vier Jahren noch als normales Verhalten gewertet wird.

Der amerikanische Kinderarzt William Sears unterscheidet allerdings zwischen manipulativen Wutanfällen einerseits, die durch Nichtbeachtung entmutigt werden sollten, und Enttäuschungs-Wutanfällen andererseits, in denen das Kind wirklich Trost und Zuspruch benötigt, um die Aufgabe, an der es zu scheitern fürchtet, doch noch zu bewältigen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Wut

So hat das Kind in mir, aus mir gesprochen, es war enttäuscht. Es war enttäuscht, dass es nicht gesehen wurde. Dass seine „Leistung“ nicht anerkannt wurde. Die Leistung des „in der Gesellschaft Funktionierens“, des „sich Aufopferns für die Familie“, des „alles dafür Tuns, damit es der Frau und den Kindern gut geht, selbst wenn der Vater die Familie verlässt“. Also auch ein schuldig fühlen für die Situation, wie sie nun mal ist. Sie ist aber nicht wegen mir so! Sie ist so, weil sie so ist. Einfach so. So ist es und niemand trägt die Schuld dafür. Und es blockiert die Energie, den Lebensfluss, zu versuchen an den Dingen, die sich nicht als wegweisend gezeigt haben, festhalten zu wollen…

Warum entsteht Wut (oder andere Gefühle)?

Der Grund für den Ausbruch des Wut-Vulkans wurde so offenbar: Es waren meine Schuld-Gefühle den Kindern gegenüber, die Schuld und Scham, die ich empfinde ein nicht präsenter Vater zu sein. Wobei es auch – während ich noch zusammen mit ihnen im Haus gelebt habe – oft so war, dass ich nicht präsent war. Ich war geistig nicht präsent. Anfangs war ich in Gedanken in der Firma, später war ich in Gedanken über spirituelle Themen oder habe mich in Meditation geflüchtet.

Flucht als Dauer-Thema, Flucht sich seinen wahren Gefühlen zu stellen. Ich habe die Beschäftigung / Aktion mit Dingen im Außen dazu missbraucht, um mich nicht mit den Wunden meines inneren Kindes und den damit verbundenen Schmerzen zu beschäftigen. Heute wurden sie (wieder einmal) offensichtlich. Mein Gefühl des „Nicht anerkannt / gesehen Werdens“ hat sich aus dem Versteck des Unbewussten gewagt.

Die vordergründigen Wut-Gefühle haben dies nur aufgezeigt, als Weg-Weiser, sie sind die Sprache, über die Gott durch uns, mit uns kommuniziert. Die eigene Bewusstseinskraft und die Selbst-Betrachtung haben mich zur eigentlichen Blockade geführt, damit sie gesehen wird und erlöst werden kann.

Was zeigt die Wut (oder andere Gefühle)?

Spirituell unreif wäre es zu sagen, dass man keine Wut mehr spürt. Dafür gibt es den hübschen Begriff „Spriritual Bypassing“, eine Art „spiritueller Vermeidung“, sprich sich immer, wenn sich „unangebrachte“ Gefühle ankündigen in die Meditation zu flüchten, weg von der eigentlichen Welt, rein in die Einheit, um nicht mit „der dunklen Seite der Macht“ in Berührung zu kommen. Denn sie zeigt sich immer dann, wenn die einwirkende Situation unbewusste Themen an die Oberfläche bringt, wenn sie ans Licht kommen…
Aber sie kommen deshalb ans Licht, um erlöst zu werden und nicht, um weiter den Deckel drauf zu halten. Sonst steigt der Druck ins unermessliche. Und der Druck ist da, weil die Ur-Situation noch nicht erlöst ist.
Mit jedem Wutausbruch (gelebt oder in Trance durchfühlt) komme ich näher an dieses Ur-Thema heran, um diesem Thema endgültig den Nährboden zu entziehen.
Jedes endgültig erlöste Ur-Thema – das durchaus auch ein kollektives Thema sein kann – reduziert die Situationen, in denen ich zum „Friederich dem Wüterich“ werde…
…und damit auch an den Folgen von unterdrückter Wut zu erkranken…

In diesem Fall ist definitiv ein kollektiver Glaubenssatz mit betroffen, doch dazu in den nächsten Tagen mehr, denn da wird eine Serie draus 😊

Dankbarkeit

Ein sehr guter Freund von mir – der mittlerweile verstorben ist – hat einmal gesagt, nachdem er nach seinem Vater gefragt wurde: „Mein Vater ist ein cholerisches Arschloch!“. Er hat sein Potential in sich genauso zu sein in sich erkannt. Er wollte das so – weil er es am eigenen Leib erlebt hat – auf keinen Fall leben. Er hat seine Art damit „umzugehen“ gefunden gehabt…
Er hat sein Leben lang seit er 16 Jahre war gekifft, das hat ihn „beruhigt“ und geerdet und vielleicht hat es auch mit dazu beigetragen, dass sein Leben – mit 40 durch einen Herzinfarkt – früher zu Ende ging als manch anderes.
Auch das war in vielerlei Hinsicht ein wichtiger Hinweis für mein Leben wofür ich sehr dankbar bin.

Auch bin ich sehr dankbar für die Situation heute Morgen, denn sie hat mir den wertvollen Hinweis gegeben, wo es etwas zu finden gibt, was mich meinem Wesenskern näherbringt, was mich selbst erkennen lässt.
Dankbar meiner Noch-Ehefrau gegenüber, die meine laute Stimme hat ertragen müssen (die geifernden Spucke Bläschen blieben ihr erfreulicherweise durch den Telefonhörer erspart).
Dankbar meiner Freundin gegenüber, die mich nicht für mein aggressiv (männliches?) Verhalten verurteilt hat.
Dankbar dem Leben gegenüber, dass ich im Moment die Gelegenheit habe, all diese Erfahrungen durch das Schreiben in mir zu integrieren, damit ich mein volles Potential leben darf.

In Liebe

Thomas

Opfer-Täter-Schema

Jesus in Form von Moos

So heute habe ich mich seit langem wieder einmal riiiiichtig triggern lassen!

Ich habe heute diesen Artikel gelesen: https://www.neoterisches-bewusstsein.com/der-herz-jesu-casanova-und-die-wahre-liebe

Und ich möchte Euch mitteilen, was mich so arg getriggert hat.

In dem Artikel geht es um spirituelle Männer, die ihre weibliche Seite leben und auf ihrem Weg Frauen „ausnutzen“, die sich davon angezogen fühlen, dass es scheinbar Männer gibt, die AUCH in ihrer weiblichen Energie sind.

Ich bin auch so ein Mann! Und vermutlich bin ich deshalb noch nicht mit diesem Thema an die Öffentlichkeit gegangen, weil ES mir auch so ergangen ist. In die erste „Schülerin“, die aufgrund von Ängsten mit Ihrer Kundalini-Erweckung zu mir gekommen ist, habe ich mich verliebt. Na herzlichen Glückwunsch, entspricht genau dem in dem Artikel beschriebenen Typ Mann. Er der „Kundalini-Erfahrene“, sie die „abhängige Schülerin“. Perfektes verurteilenswertes Opfer-Täter-Konstrukt. So etwas geht halt gar nicht, da muss man sich empören.

Teilung überwinden

Aber genau hier beginnt die Teilung! Hier beginnt das, was zu überwinden ist!

Es gibt nur ein Opfer, wenn es einen Täter gibt und es gibt nur einen Täter, wenn es ein Opfer gibt. Aber BEIDES ist EINE Illusion! Dein gelerntes Werte-System teilt Dir mit, dass es so ist.

Wenn es Frauen gibt, die Abhängigkeit erleben müssen, wird es Männer geben, die diese ausnutzen und wenn es Männer gibt, die Macht erfahren müssen, wird es Frauen geben, derer sie sich bemächtigen. Wenn dieses Gedanken-Kontrukt aus Deinem Kopf verschwindet, verschwindet es auch in der „Wirklichkeit“.

ES ist kein Gegen-EIN-Anader, ES ist ein Mit-EIN-Anader! Nur die Vereinigung der beiden Pole im Inneren, in sich Selbst löst das „Problem“.

Glaubt ihr ich hätte mich nicht verurteilt, dafür dass mir so etwas passieren musste? In der Yogalehrer-Ausbildung gefüttert mit Dogmen rauf und runter, Brahmacharya (kein sexuelles Fehlverhalten), lesen von Heiligen-Geschichten, Swami hier und Swami da. Dazu noch die gesellschaftlichen Normen, das Wissen um die Traumata, die die Kinder dadurch erleiden werden, eines davon sogar ein Adoptiv-Kind… Scheinbar alles erreicht: Familie, Haus Kind, Firma (die jetzt verkauft ist) und trotzdem unzu-Frieden.

Tja, aber das Leben spielt nicht so, wie man sich das vorstellt. So ist es eben! Es interessiert sich nicht dafür, ob es Dir dabei gut geht oder nicht, es weidet sich vielleicht sogar manchmal daran, dass Du Dich innerlich zerfleischst. Aber genau so ist das Leben, es will Dir zeigen, dass es keine andere Möglichkeit gibt, als aufzugeben es alleine machen zu wollen. Die Form – in der SIE Dir das mitteilt – ist höchst unterschiedlich (daher gibt es auch so unglaublich viele Wege), aber das „Ergebnis“ ist immer das Gleiche – EINE.

Die Teilung beginnt im Kopf und manifestiert sich in der „Wirklichkeit“ und das ist der Grund, warum mich der Artikel so getriggert hat. Weil er teilt! Er nimmt den Frauen die Verantwortung auf das was in ihrem inneren schwingt zu hören. Jede Frau, die an einen „Idioten“ geraten ist hatte unzählige Zeichen bekommen, dass da gerade etwas gewaltig schiefläuft, aber sie hat sie entweder nicht gehört oder sie hat sie bewusst ignoriert.

Zeichen erkennen

Exakt das habe ich auch gemacht, im Nachhinein sind mir einige Stellen aufgefallen, an denen ich hätte Richtung Einheit abbiegen können, was ich eben nicht gemacht habe. Teilweise aus Unachtsamkeit, teilweise bewusst, weil ich es mir doch in „meinem“ Leben so bequem gemacht hatte. Aber das Leben ist per se (von selbst, aus sich heraus) nicht bequem, es ist ein ständiges auf und ab, es ist in Bewegung. Ohne das Auf kann ich das Ab nicht spüren und umgekehrt, es lebt durch diese beiden Pole, durch den Tanz der beiden Pole.

An jedem der beiden Pole gibt es immer die Möglichkeit die Aus-Richtung zu wechseln. Es liegt in Deiner Hand. Was dann das Leben daraus macht, das nicht mehr. Das spielt dann aber auch keine Rolle mehr…

Ich habe mich lange gegen die Rolle des „Lehrers“ gewehrt, weil das Leben der beste Lehrer überhaupt ist! Aber scheinbar ist der Wunsch nach Autoritäten im Moment noch so in dieser Form da. So bin ich jetzt – Dank dieses Artikels – bereit diese Rolle zu spielen. Wobei ich es eher als spirituellen Austausch sehen würde, weil es genau das ist. Ein Austausch an Energien und Impulsen zu Wohle aller.

Wer jetzt immer noch weiter liest, dem Danke ich an dieser Stelle von ganzem Herzen.

 

Übrigens: Mittlerweile lebe ich mit ihr monogam zusammen und ich habe meine Frau und meine beiden Kinder verlassen.

Ich warte auf Eure Steine.

 

In Liebe

Jnanadev

 

P.S.: Ich verteidige hier ausdrücklich nicht das Verhalten der in dem Artikel beschriebenen Männer, aber ich verurteile es auch nicht.