Anlocken von Ereignissen

[…] Da immer erst retrospektiv gewusst oder vielmehr erahnt werden kann, dass ‚da und da‘, an diesem Ort, zu diesem Zeitpunkt etwas angefangen hat, macht es dann überhaupt Sinn, das Anfangen künstlerisch gestalten zu wollen? […] Ist es nicht eher so, dass sich ein Anfang als Provokation der Wirklichkeit, als Ereignis, als Widerfahrnis einstellt? Was mich trifft, provoziert und transformiert, tut das in der Regel ganz unabhängig von einer Instanz der Intentionalität. Im Extremfall weiß der agent provocateur – etwa in der Liebe, aber auch in der Kunst – nicht, dass seine schiere Existenz mein Leben grade umkrempelt. Vielleicht lässt sich die Herstellung eines Kunstwerks weniger als das planvolle Herstellen einer Provokation begreifen denn als eine Praxis des Anlockens eines Ereignisses. […]

 

Kommentar:

Blumen locken Bienen an, Bienen befruchten wiederum andere Blumen, schaffen dadurch neues Leben, produzieren Honig für ihre Nachkommenschaft, erhalten Leben, … ohne Bewusstsein für ihr tun, sie sind einfach, ohne Plan, ohne Wollen ohne bewusstes Anfangen, weil kein Gedanke an Vergangenheit oder Zukunft von der Präsenz des Moments ablenkt.

Blumen locken auch Menschen an, die fasziniert von der Schönheit und ihrem lieblichen Duft die Blume pflücken, um sie später (Zukunft) ihrer Geliebten zu überreichen, weil sie denken, dass es gut wäre sich für den gestrigen Streit (Vergangenheit) zu entschuldigen.

Der Verstand ist ein Segen, wenn er nur eingesetzt wird, wenn er tatsächlich gebraucht wird. Wenn er sich ver-Selbst-ständigt, treibt er gar seltsame Blüten: Selbst-Verachtung (Schuldzuweisung), Bewertung, …

Der selbe Moment ohne Gedanken an Vergangenheit und Zukunft genießt den Duft hingebungsvoller Präsenz an den Augenblick in voller Dankbarkeit an die Schöpfung und strahlt ebendies aus. Ohne Veränderung fließt die Schönheit des Ganzen durch den Körper und leuchtet durch ihn hindurch.

Ein Anfang ist immer und überall vorhanden, ihm wird nur keine Aufmerksamkeit zu Teil, weil der Verstand davon ablenkt…

Frei nach Herman Hesses „Stufen“ „… und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben…“ gilt es den Zauber wirken zu lassen 😊

 

 

Das Zitat stammt aus dem Buch „Dramaturgien des Anfangens“ von Adam Czirak / Gerko Egert (Hrsg.) und ist im Neofelis Verlag erschienen und kann hier bestellt werden.

Der zitierte Text stammt von Karin Harrasser

 

Der Mensch das Kunstwerk

[..] In der Bildenden Kunst, so die Überlegung, stellt die weiße, leere Fläche über die Jahrhunderte hinweg einen Topos dar, der den – teilweise auch Angst besetzten – Anfangsmoment künstlerischer Produktion immer wieder neu inszeniert und installiert. Wie und auf  welche Weise wird der Anfang in der Kunst verhandelt, in dem jegliche künstlerische Spur noch abwesend ist? Und wie sieht solch ein Anfangen aus, das auf der leeren, aber nichtsdestotrotz bedeutungsschwangeren, weißen Fläche generiert werden muss? Wie also wird die paradoxe Offenheit dieser weißen Fläche annektiert und in das System der Repräsentation überführt?

Der Anfangsmoment künstlerischer Produktion wurde in der Bildenden Kunst immer wieder zum Thema eines Werkes gemacht; insbesondere der unbearbeitete Mal- oder Zeichenuntergrund, sei es in Form einer leeren Leinwand oder eines weißen Blattes, avancierte über die Jahrhunderte und Genres hinweg zum Bildmotiv oder objekthaften Gegenstand mit eigenem Ausstellungswert. Ob Pablo Picasso 1956 auf  einem seiner Gemälde eine weiße Leinwand als leere Fläche im Atelierraum darstellt; Raffael im Porträt von Marcantonio Raimondi im Jahr 1520 gedankenverloren vor einer leeren Tafel porträtiert wird; oder Ceal Floyer 2010 einen Stapel leerer weißer Blätter als minimalistische Skulptur in den Ausstellungsraum überführt:

Diese Kunstwerke inszenieren die weiße, unbearbeitete Fläche jeweils als Leerstelle, die dem eigentlichen Beginn künstlerischer Produktion vorausgeht, während, paradoxerweise, vor unseren Augen jedoch eine fertig bemalte Leinwand, bedruckte Grafik oder geformte Skulptur steht. Insofern indizieren diese Objekte im Moment der Rezeption einen Endpunkt, da wir sie nur in ihrer fertigen Form und als eben diese abgeschlossenen Objekte wahr nehmen können  – und verweisen damit auf die ihnen je eigenen Grenzen. Diese symptomatische Ineinsblendung von Anfang und Ende der künstlerischen Produktion, die sich in dem Bild von der leeren Leinwand oder dem weißen Blatt in besonderem Maße konkretisiert, wird von einer weiteren Kontradiktion eingeholt, die sich bereits bei Melvilles Exkurs andeutet: Das Weiß markiert eine Leere, ein Nichts, einen Anfangspunkt, dessen besondere Potentialität sich recht eigentlich erst über seine semantische Offenheit, seine Vieldimensionalität herstellt. […]

 

Kommentar

Die weiße Fläche ist der Mensch, wie er in einer Körper-Geist-Verbindung in das Leben startet / geboren wird. Das weiße Blatt wird vom Leben beschrieben. Durch das Beschreiben ist an einigen Stellen das Weiß des Blattes nicht mehr sichtbar. Umso mehr Weiß – durch Erfahrungen – überschrieben wird, desto weniger Weiß ist sichtbar und das Bild wird bunter und formt sich, wird mehrfach übermalt, es entsteht und wird immer mehr zu einem Kunst-Werk. Was die ganze Zeit über gleich bleibt ist das Weiß der Leinwand, auch wenn es momentan vielleicht nicht sichtbar ist, es ist da. Es war schon immer da, auch als es noch nicht bemalt wurde.

Die Leere des Weiß ist immer da, man kann sie auch sehen, wenn man dahinter schaut. Ohne die Bewusstheit darüber und den Willen dahinter schauen zu wollen braucht es nichts, es ist alles da.

Dann kann man sich über das Weiß des Bildes freuen, die Farben die darauf zu finden sind und vielleicht kann man sogar sehen, dass all das eine wundervolle Gesamtkomposition ist, einzigartig, eins in ihrer Vielfalt.

Anfangen ist Bewegung

[…] In einem Dialog mit Sacks erklärt Rose:

Sacks : „Und wie denken Sie einfach an nichts?“

Rose : „Es ist schrecklich einfach, wenn man erst einmal weiß, wie. […] Eine Möglichkeit besteht darin, immer wieder und wieder an dieselbe Sache zu denken. Zum Beispiel 2  =  2  =  2  =  2, oder : Ich bin, was ich bin, was ich bin, was ich bin  … Es ist genau dasselbe mit meinem Zustand. Er führt immer wieder zu sich selbst zurück. Egal, was ich mache oder denke, es führt tiefer und tiefer in sich selbst hinein.“

Ohne symbolische Referenz wird die Erfahrung leer. Es ist nicht nur nichts, es fühlt sich auch an wie nichts. Wenn die Selbstaktivierung endet, hört die Zeit auf. In die Leere gefaltet fühlt die erstarrte Rose keine Verbindung zur Vergangenheit. Um die Vergangenheit zu fühlen, müsste diese aktiviert werden; sie müsste neue Gedanken denken. Doch genau das kann sie nicht. Sie kann immer wieder nur die Absolutheit ihrer Trägheit denken und fühlen. Die unermessliche Weite der Glattheit umhüllt sie mit einem noch tieferen Nichts, in dem die Sinnesdaten zwar gegenwärtig sind, aber nicht direkt erfahren werden. Prozess ohne Ereignis. […]

 

Kommentar:

Ist dann der einzige Sinn der Erfahrungen uns in den Bereich zu bringen, der es zulässt, zu erkennen, dass es nichts neues zu erkennen gibt?

Vielleicht kann man sich so die Entstehung des Unendlichkeitssymbols vorstellen: Egal ob ich rechts oder links herum gehe, ich komme immer wieder an den Anfangspunkt (der Punkt in der Mitte) zurück, egal wie sehr ich mich bemühe. Genauso könnte ich einen der anderen unendlich vielen Wege gehen, um doch wieder nur zu mir selbst zurückzukehren.

Macht es dann überhaupt Sinn sich zu bewegen? Wenn ich doch sowieso wieder an den Anfangspunkt zurückkehre?

Wenn ich weiß, dass ich sowieso wieder zurückkomme, kann ich mich auch nicht verlaufen, denn ich komme so oder so ans Ziel, das gleichzeitig der Anfang ist.

Der einzige Sinn der Bewegung, des Handelns, des Beginnens ist es selbst…

 

Das Zitat stammt aus dem Buch „Dramaturgien des Anfangens“ von Adam Czirak / Gerko Egert (Hrsg.) und ist im Neofelis Verlag erschienen und kann hier bestellt werden.

Der zitierte Text stammt von Erin Manning

 

Verantwortung für das Handeln

[…] Diese Lesart läuft darauf  hinaus, dass der Akt des Anfangens in einem „zweiten Stadium der Schöpfung“ zu verorten ist, ja in der Unendlichkeit der geschlossenen Repräsentation, als eine Wiederholung, der nichts vorausgeht.

Vor diesem Hintergrund lässt sich fragen, wie man der Sklaverei der Wiederholung entkommen, wie man schöpfen, generieren, anfangen kann. Es ist kein Wunder, dass Derrida auf  das Problem des Anfangens  – kurz vor seinem Tod  – zurückkommt und dieses wiederum im Rekurs auf Artaud im Hinblick auf Verantwortung thematisiert:

„In gewisser Hinsicht wird die Verantwortung des Schreibens, beziehungsweise dessen, was man im allgemeinen als Schöpfung oder Gestaltung (creation) bezeichnet, immer gefühlt als eine Höhlung, die von einer Leere ausgeht […], so daß letztendlich das, was es zu sagen gäbe“, ja womit man anfangen könnte, „nicht vor dem Akt des Sagens existiert; denn, wenn der Inhalt der zu sagenden Sache vorab existierte, dann  gäbe es […] keine Verantwortung zu übernehmen, kein Risiko […].“

So gesehen stellt sich die Frage, wie das Einmalige, der Beginn des Neuen im Fluss des Iterativen zu bestimmen ist. Und wie kann man wiederum Verantwortung für das Anfangen übernehmen, wenn Anfänge keine souveränen Akte sind und keinem von uns allein gehören können? Diese Fragen hallen in einem einschlägigen Deleuze-Zitat wider und spitzen sich in diesem sogar zu: „Das Problem des Anfangs in der Philosophie wurde mit vollem Recht immer als äußerst heikel angesehen. Denn Anfangen heißt alle Voraussetzungen ausschließen.“

 

Kommentar:

Der Anfang entspringt aus der Leere, er war schon da bevor er gesagt wurde. Durch das Sagen beginnt er zu existieren.

Es stellen sich einige Fragen:

  • Wenn der Anfang für irgendetwas bereits im Feld (dem Selbst) vorhanden ist, ist es dann relevant, wer die Verantwortung dafür übernimmt den Anfang zu manifestieren?
  • Kann irgendeine Handlung, die sich aus dem Feld (dem Selbst) bedient, die aus der Leere entspringt falsch sein?

Solange das Handeln aus der Verbindung mit dem Selbst sich entfaltet, ist das Handeln verantwortungsvoll, da es im Sinne des Ganzen bereits da ist.

Verantwortungsloses Handeln ist das, was entsteht, wenn der Handlungsimpuls aus einer Identifikation mit einem Körper-Geist-Verbindung entspringt.

Das Drama des Lebens kann nur so lange seinen Lauf nehmen, solange die Impulse aus der Ich-Identifikation entstehen.

 

Das Zitat stammt aus dem Buch „Dramaturgien des Anfangens“ von Adam Czirak / Gerko Egert (Hrsg.) und ist im Neofelis Verlag erschienen und kann hier bestellt werden.

Der zitierte Text stammt von Adam Czirak / Gerko Egert

 

Ego Bilder für Facebook

Die Entstehung des (Selbst-) Bildes.

Obiges Bild ist während einer Wanderung letzten Herbst mit meiner Frau entstanden. Der kleine Felsen im Gegenlicht war der ideale Ort für ein „schickes“ Yoga-Poser-Bild für Facebook oder Yoga-Blog – sprich ich konnte nicht anders. Also Pose einnehmen – Rückfrage „und hast Du mich drauf?“, „Alles wunderbar“ und den Augenblick zum Genießen für die Ewigkeit festgehalten, zerstückelt in Nullen und Einsen und auf einen Datenträger gebannt (eigentlich auch ein lustiges Wort, man fragt sich, wo denn die Daten hingetragen werden, oder ob es wohl eher von träge kommt? Vermutlich eher nicht, da ja gerade die Trägheit (Tamas) überwunden wurde und durch die Aktion (Rajas) ersetzt wurde, naja zurück zum Thema).

Es war ja bereits abends, die Sonne wärmte nicht mehr und der Felsen war bereits etwas feucht und so rutschte ich mit den Händen etwas ab und kippte nach vorne :-).

Glücklicherweise verhinderte meine Nase schlimmeres und stellte sich als „Bremsklotz“ zur Verfügung und so hatte ich für die nächsten drei Wochen ein schönes Andenken an mein „Schaut her, ich bin ein prima Yogi“-Bild und ich hatte etwas zum Reflektieren.

Zurück im Yoga-Zentrum wurde ich von meiner Kollegin gefragt, was ich denn mit meiner Nase angestellt hätte. Daraufhin erzählte ich ihr die Geschichte – über mein Ego schmunzelnd – und zeigte ihr das entsprechende Foto. Sie sagte, „Wow, cool, das müssen wir unbedingt auf den Blog stellen, damit sich der Einsatz wenigstens gelohnt hat.“ Ich war mir da nicht so sicher … und vergaß das Bild wieder.

Es fiel mir wieder ein, als ich dieses Video ansah … Jetzt ist die Zeit reif das Bild zu zeigen.

Was habe ich denn nun daraus gelernt? Mein Bild eines Yogis war sehr geprägt, von vielen Seiten … Medien, Ashram, Kula, Mit-Yogis, Swamis, … Ich hatte viele Eindrücke gewonnen und aus denen hat sich – wie ein Puzzle – das Bild ergeben, das in meinen Augen für einen Yogi stand. Yogis sind:

  • Körperlich fit und flexibel
  • Ausgeglichen und zufrieden
  • Diszipliniert und tätowiert (seit ich mich bei fb als Yogi geoutet hatte, bekam ich vermehrt Tattoo-Werbung. Tipp: Mal gezielt die fb Werbung bzw. die vorgeschlagenen Gruppen, die man bei fb angeboten bekommt, das sagt einiges aus … auch fb funktioniert als Spiegel des Selbst ;-))
  • Mindestens vegetarisch und auf jeden Fall frei von jeglichen Suchtmitteln
  • Frei von Wünschen und Begierden
  • … und grundsätzlich eigentlich recht Spaß-befreit (Oops, das habe ich jetzt nicht wirklich geschrieben, oder?)

Wenn dann am Ende sogar noch das Thema Moksha (Befreiung) oder Samadhi (Versenkung, Eins-Sein) im Raum stand, wurde das Bild schon ganz schön eng:

  • Da kommt man nur hin, wenn man jahrelang bei einem Meister lebt
  • Frei von sämtlichen Besitztümern und Familie
  • Schnell geht das sowieso nicht, das ist eine Lebensaufgabe

Sprich für einen Familienvater, der in einem Reihenhaus lebt und nebenberuflich Yoga unterrichtet ein unerreichbarer Traum, der halt dann in einem der nächsten Leben zum Tragen kommt, denn: Reihenhaus-Yogi geht halt gar nicht …

Freiheit ist allerdings etwas anderes, Freiheit ist, sich von den Glaubenssätzen, die man gelernt hat zu lösen. Als Kind ist man frei von Glaubenssätzen und nah an Gott, nah am Moment, für Kinder gibt es nichts anderes, es gibt nur den Moment. Mit der Zeit übernehmen sie die Verhaltensmuster und Glaubenssätze Ihrer Eltern und anderer Bezugspersonen und werden zunehmend unzufriedener, weil sie sich weiter von ihrem inneren Selbst entfernen und dementsprechend das Leben ihnen Steine legt, sozusagen als Wegweiser zurück zur Einheit / Freiheit. Wenn man dann lange genug diese Wegweiser ignoriert, weil man den – durch den Verstand erzeugten – Gegensatzpaaren Glauben schenkt, entsteht Leid. Der Verstand ist brillant darin Trennung vorzugaukeln wo Einheit IST. Das Spiel funktioniert so lange, wie DU dem Verstand das nötige Futter dafür gibst, ihm Aufmerksamkeit schenkst. Entziehst DU ihm die Nahrungsgrundlage und beginnst dem Fluss des Lebens zu lauschen, so dass DU hören kannst was das Leben von Dir will und aufhörst mit dem Ego-ICH zu wollen bzw. nicht zu wollen (Raga – Dvesha), kann ES SEIN …

 

In tiefer Verbundenheit mit ALLEM was IST

Jnanadev

Auf der Suche – Beobachtungen in der Fußgängerzone

Heute war ich mit meiner Familie in Nürnbergs Fußgängerzone wo heute noch mehr los war als sonst, da zusätzlich zum „normalem“ Verkaufswahnsinn noch Trempelmarkt (es werden Dinge verkauft die vermutlich weder vom Verkäufer noch vom Käufer gebraucht werden) war.

Die Kinder sind unterwegs zu einem Laden der bunte Plastiksteine verkauft, die man zusammenstecken kann. Dort wollen sie sich inspirieren zu lassen, welche Wünsche sie als nächstes haben könnten.

Die Eltern wollen eine Bluse zurückgeben, die jetzt doch nicht gefällt (mir unverständlich, denn vor ein paar Tagen hat sie noch gefallen, aber ich bin ja auch ein Mann ;-), liegt vermutlich an einem wenig ausgeprägten Saraswati-Aspekt) und ein Austauschgerät für einen defekten eBook-Reader abholen.

Ich war entspannt – was für eine Stadt-Aktion eher ungewöhnlich ist – und beobachtete die mir entgegenkommenden Gesichter der Menschen und ich konnte ihnen ansehen, dass sie alle auf der Suche sind, jeder sucht irgendetwas.

Eine ältere Dame eine Ergänzung für ihr altes Geschirr. Eine junge Frau ist auf der Suche nach Klamotten im vorüberfliegenden Schaufenster, ihr Freund neben ihr mit seinem Handy sucht nach Anerkennung in den sozialen Medien, ein Kind möchte Aufmerksamkeit von seiner Mutter die wiederrum auf der Suche nach „Was Schickem drunter“ ist, um sich der Anerkennung ihres Mannes sicher zu sein, …

Was passiert, wenn die suchenden Menschen die Dinge gefunden haben?

Ein kurzes und auch länger anhaltendes Glücksgefühl, das nach MEHR schreit … Was kommt dann? Die nächste Suche nach dem nächsten Ding, um wieder im Glück zu schwelgen, den Hormonaustoß zu geniesen und sich dem wohligen Kribbeln hinzugeben. So hangelt man sich von Ast zu Ast, von Baum zu Baum, von Wald zu Wald, von Kontinent zu Kontinent, von Planet zu Planet, von Galaxie zu Galaxie, …

Doch was steckt hinter diesem „Nie zufrieden sein“ mit dem was ist?

Es ist eine Ahnung, die in jedem Menschen steckt, eine Ahnung, dass es mehr gibt, dass das nicht alles sein kann. Diese Ahnung führt Menschen zur Spiritualität, sie erhoffen sich hier die Antworten auf ihre Fragen:

  • Gibt es tatsächlich mehr?
  • Woher komme ich, wohin gehe ich?
  • Wer bin ich?

Da passiert meist etwas Paradoxes: Es werden neue Wünsche und Bedürfnisse geweckt, die erst befriedigt werden müssen bevor man sich dem eigentlichen (dem Selbst) nähern kann. Macht das Sinn?

Ja und nein, denn was passiert dann? Viele spirituelle Strömungen beschäftigen sich mit Selbstbeobachtung und Selbstreflektion in den diversen Ausprägungen manche eher körperbetont (z.B. Hatha Yoga), manche mehr geistbetont (z.B. Raja-Yoga), manche nähern sich dem Selbst über die Ekstase (z.B. Kundalini-Yoga, Holotropes Atmen). Andere wählen den Weg der Hingabe an Gott (z.B. Bhakti-Yoga) oder die Hingabe an die Menschheit (z.B. Karma-Yoga). Alles Wege bei denen man in der einen oder anderen Weise etwas tut, sprich handelt. Diese Handlungen in der Welt stellen Dich oft vor die verschiedensten Herausforderungen, die Dich selbst immer mehr erkennen lassen, was Du bist. Oft nach einem Bild bzw. Konzept, das die entsprechende Richtung vorgibt. Also eigentlich Wege, die über ein Konzept hin zur letztendlichen Konzeptlosigkeit führen. Denn genau das ist der Sinn dahinter, Du spürst immer mehr intuitiv wie Dein Weg läuft und erkennst dann, dass ALLE Konzepte halt Konzepte sind und nicht die letztendliche Wahrheit. Die Wahrheit liegt dahinter aber dahin kommt man eben nicht mehr durch die Handlung, man kann nichts mehr aktiv tun.

Das ist dann eine Hürde, die schwerfällt, da Du ja bisher so gute und tiefe Erfahrungen mit den Methoden aus „Deinem“ Konzept gemacht hast, warum sollte denn das nicht zur vollständigen Verwirklichung führen? Da ist die Krux, der letzte Versuch des Verstandes sich selbst retten zu wollen und dadurch um Futter zu betteln. Bekommt er das von Dir?

Wenn nicht, hast Du alles getan, was zu tun ist. Dann gibt es nichts mehr zu tun. Wird Dir dann die Gnade Gottes zuteil, erkennst Du, dass Du wieder am Anfang stehst und dass dann jeden Tag neu und dass alles bereits schon immer da war und einfach IST, unabhängig von Raum und Zeit.

Kann man etwas tun für die Selbstverwirklichung?

Viele verwirklichte Meister sagen, dass nichts zu tun ist und alles bereits vorhanden ist und dass es „nur“ darum geht dies zu erkennen – das Licht der Lampe, die schon immer leuchtet und nur durch die zahlreichen Decken, die die Lampe zudecken nicht zu erkennen ist. Das Erkennen ist unabhängig von den spirituellen Praktiken, aber augenscheinlich helfen sie Dir diese Decken zu entfernen, da ja (geschätzt) ¾  der verwirklichten Meister in der einen oder anderen Weise spirituell praktiziert haben.

Ich stelle mir das so vor:
Gott steht auf einem Wagen eines Faschingsumzugs und wirft von da Bonbons in die Menge. Durch die spirituellen Praktiken bringst Du Dich in eine gute Position (die erste Reihe). Ob er dann wirklich in Deine Richtung wirft und Du die Süßigkeiten dann genau in dem Moment auch fangen kannst liegt dann nicht mehr in Deiner Hand.

Wann Du es Dir schenken kannst weiter zu praktizieren, wirst Du erkennen. Ein leerer Verstand der frei von „Wollen“ und Zielen ist kann Wunder wirken. Doch auch das „Nicht-Wollen“ kann ein „Wollen“ sein, wenn es aus dem Ursprung des Verwirklichungs-GEDANKENS entspringt.

Sei wachsam, denn erst aus der Leere entspringt die Fülle.

 

„Du kannst nichts Tun um das Ziel zu erreichen, aber wenn du nichts Tust wirst du es nicht erreichen!“ Jiddu Krishnamurti

Licht und Schatten

Licht und Schatten – das eine kann ohne das andere nicht sein.

Ist das tatsächlich so?

Wenn es kein Licht gibt, gibt es auch keinen Schatten.

Der Schatten kann ohne das Licht nicht sein. Das ist nachvollziehbar, aber wie ist es mit Licht?

Kann Licht sein ohne Schatten?

Immer wenn Licht auf einen Gegenstand trifft ist dahinter Schatten, solange kein Ding „im Weg“ ist kann sich auch kein Schatten bilden.

Warum ist das überhaupt erwähnenswert?

Weil es sich mit den Gedanken genauso verhält, … Wenn der Verstand leer ist und keine Gedanken in das Bewusstsein drängen, entstehen keine Schatten, weil es keinen Widerstand gibt, nichts im Weg steht. Kein Festhalten, kein Herholen, kein Ziehen, kein Schieben – das was bereits da ist annehmen, fühlen was da ist, damit man damit abschließen kannst, es loslassen. Es lässt Dich erst los, wenn Du es für Dich geändert hast – so, dass Du es annehmen kannst. Wenn Du es angenommen hast, bist Du mit Dir im Reinen, in Harmonie, dann kann es durch Dich und mit Dir fließen, das, was bereits sowieso schon geflossen ist nur, dass Du Dich dem nicht mehr in den Weg stellst. So entstehen keine Schatten mehr…

Alles ist im Licht und das Leiden hat ein Ende.

Gott ist ein witziges Kerlchen

Ich vermute Gott ist ein echt witziges Kerlchen. Ich möchte Euch kurz erläutern, wie ich zu dieser Vermutung komme.

Der Mensch hat – im Vergleich zu anderen Lebewesen – ein überdimensional großes Gehirn in dem das Denken stattfindet. Zwar ist der 10% Mythos (dass nur 10% des menschlichen Gehirns genutzt werden) wissenschaftlich wiederlegt, dennoch sind 80% – 90% der Gedanken, die man so während des Tages hat, wiederkehrende Gedanken. Ist das Effizient? Aber irgendwie komisch, oder?

Wenn man jetzt mal Gott als den Erschaffer sieht und ausgehend von dieser Annahme sich den geschaffenen Menschen ansieht, dem er/sie einerseits ein Monkey-Mind und andererseits die Möglichkeit gegeben hat sein wahres inneres Selbst zu erkennen sofern er dem Monkey-Mind kein Futter mehr gibt, kann ich mir gut vorstellen, wie er sich jedes Mal ins Fäustchen lacht, wenn wieder jemand auf seinen ebenso erschaffenen Wächter (den allzeit aktiven Affen) des Selbst hereinfällt und damit wieder „Zeit“ gewonnen wird, so dass er (der Affe) weiter existieren kann und es (das Selbst) nicht erkannt werden kann.

Dazu bedient sich der Monkey-Mind vieler verschiedener Tricks und Kniffe z.B. des Egos. Das Ego ist ein Gedankenkonstrukt, das Generation für Generation weitergegeben wird und das besagt, dass es ich UND Du gibt, sprich dass es eine Teilung gibt (Gegensatzpaar). Also kein großes Ganzes, sondern lauter kleine Teile und jedes Teil handelt völlig unabhängig und eigenständig (teilweise ohne Rücksicht auf andere).

Würde ein Bienenvolk so funktionieren? Würde die Befruchtung der Pflanzen ohne Bienen funktionieren? Würde es dann genug Nahrung für alle Menschen auf der Erde geben? Würde …

Jetzt mal ganz ehrlich unter uns Gebetsschwestern: Wenn man das so liest kommt einem doch schon so das dumpfe Gefühl, dass da „etwas nicht stimmt“ oder bin ich da alleine mit meiner Meinung?

Mein Vorschlag (und ich bin mir bewusst, dass dadurch das Ego stirbt) Ursache erkennen, den Affen verhungern lassen denn dann hat Gott nichts mehr zu lachen, denn dann ist alles eins ohne ein zweites.

Kein Gut kein Böse, kein Schlecht kein Gut, keine Bewertung, keine Einteilung alles ist bereits perfekt.

„Wenn Du Gott zum Lachen bringen willst, erzähl ihm von Deinen Plänen.“ War der Lieblingssatz meines Cousins und Geschäftspartners, der mit 40 Jahren an einem Herzinfarkt gestorben ist. Er hatte ein sehr großes offenes Herz und ein sehr großes Ego. Er hat viel gekämpft für seine Überzeugungen, egal in welchem Umfeld …

Pläne resultieren aus Bewertungen, die wiederum Mögen und Nicht-Mögen hervorbringen. Der Plan soll Dinge, die ICH mag in mein Leben bringen und die Dinge, die ICH nicht mag möglichst aus meinem Leben fernhalten. Um diese Pläne umzusetzen setzt man viel Energie ein und ist weiterhin abgelenkt vom eigentlichen SELBST. Das Monkey-Mind hat volle Arbeit geleistet und man kann es schon kichern hören …

Annehmen dessen was ist. Das bedeutet nicht die Gefühle, die sich in der einen oder anderen Situation einstellen wegzudrücken. Wenn Trauer an der Reihe ist, ist eben Trauer an der Reihe. Wenn Freude an der Reihe ist, ist eben Freude an der Reihe. Es ist „gut“ so, genauso wie es IST ist ES. Fertig! Keine Ablenkung vom dem was ist.

Ich hatte auch bis vor kurzem auch viele Überzeugungen / Identifikationen in meinem Kopf. Seit sie verschwunden sind, hat sich der Schleier gelüftet. Die pure Präsenz des Moments ist das einzige was wahr ist.

So sind ein paar Gedankenströme frei geworden durch die es fließt und die sich jetzt hier manifestiert haben 🙂

Das Missverständnis und die Auflösung

Ein nettes Beispiel wie sich Wahrnehmung verändert 🙂

Gestern ging ich in die Büroküche, um mir etwas zu essen zu machen und komme dabei an zwei Kollegen vorbei, die sich über ein Software-Projekt unterhalten.

Der Programmierer zum Projektleiter: „Wenn Du denkst Du bist jemand anderer, denkst Du das konsequent.“

Ich (kurz vorher hatte ich ein Video von Mario Hirt angesehen): „Das ist ein Hammer-Satz! Danke für diesen Satz!“

Programmierer: „Hä? Was hab ich gesagt?“ (klar kann er sich nicht erinnern, ES hat ja aus ihm gesprochen ;-))

Ich: „Du hast gesagt: Wenn Du denkst Du bist jemand anderer, denkst Du das konsequent.“

Programmierer: „Nein, ich habe gesagt: Wenn es denkt Du bist jemand anderer, denkt es das konsequent.“ (er meinte die Software – ein Forum)

Programmierer: „Aber Dein Satz stimmt natürlich auch.“

So schnell kann das Missverständnis des getrennt-Seins durch ein anderes aufgelöst werden <3

 

Dialog mit meiner Tochter über Wahrheit

Pappel hinter dem Haus

Ich hatte vorhin einen Dialog mit meiner Tochter den ich gern mit Euch teilen möchte.

Sie (10) stand im Bad und hat sich bettfertig gemacht, ich im Zimmer gegenüber und habe Unterlagen abgeheftet. Dabei kam ein Moment der Stille über mich und mein Blick fiel durchs Fenster nach draußen in die Krone einer riesigen Pappel, die bei Wind das Rauschen des Meeres nachahmt.

Sie: Papa was machst Du da?

Ich: (Nicht ganz wahrheitsgemäß) Ich hefte die Unterlagen ab.

Sie: (zurecht) Aber Du guckst aus dem Fenster, was willst Du da finden?

Ich: (diesmal wahrheitsgemäß) Die Wahrheit.

Sie: Und hier ist die Pflicht oder wie?

Ich: Hahaha, Du bist echt cool.

Sie: Wärst Du jetzt lieber draußen bei der Wahrheit oder hier bei der Pflicht?

Ich: Hahahahahahahahahahahahahahaha. Spitzenfrage! Hahahahahahahahahaha

Sie: Kannst Du jetzt vor lauter Lachen nicht mehr reden?

Ich: Ja, genau. Prust, kicher, kicher

Nach ein paar Minuten gemeinsamen Kicherns und Lachens hat sie mittlerweile die Zähne geputzt und ich bin mit der Ablage fertig.

Ich gehe zu ihr rüber und küsse Sie auf die Stirn.

Ich: Ich wünsche Dir eine gute Nacht, Schlaf gut meine Süße.

Sie: Und ich wünsche Dir, dass Du Wahrheit findest.

Ich habe meinen Guru gefunden!